3. MuGI-Abend am 29.11.2017

Psychiatrisierte Kindheiten – Zur Geschichte der Innsbrucker Kinderbeobachtungsstation

Ao. Univ.-Prof.in Dr.in Elisabeth Dietrich-Daum, Univ.-Prof.in Dr.in Michaela Ralser und MMag.a Ina Friedmann (Innsbruck)

Die von Univ.-Prof. Dr. Gerhard Gaedicke (1944-2017) und Mag. Dr. Christian Lechner begründete Vortragsreihe MuGI (Medizin und Geschichte Innsbruck) fand am 29.11.2017 bereits schon zum dritten Mal statt. Auch dieses Mal durften sich die Organisatoren über beinahe 100 interessierte Anwesende freuen, ein Signal dafür, diese Reihe vorerst jedes Semester weiter zu führen.

Bereits die ersten beiden MuGI-Abende widmeten sich psychiatriehistorischen Themen und auch dieses Mal wurde dies thematisch und chronologisch fortgesetzt. Die drei Historikerinnen ao. Univ.-Prof.in Dr.in Elisabeth Dietrich-Daum, Univ.-Prof.in Dr.in Michaela Ralser und MMag.a Ina Friedmann waren Teil des mehrjährigen Forschungsprojekts zur Innsbrucker Kinderbeobachtungsstation von Maria Nowak-Vogl und stellten im Rahmen des MuGI-Abends den Anwesenden die wichtigsten Projektergebnisse vor.

Im großen Hörsaal des Kinder- und Herz-Zentrums begrüßte zunächst Univ.-Prof. Dr. Thomas Müller als „Hausherr“ die anwesenden Gäste und erinnerte, wie schon bei den ersten beiden MuGI-Abenden, an das große Verdienst von Prof. Gaedicke bei der Unterstützung und Etablierung dieser Reihe. Danach begrüßte unser Obmann HR Dr. Christoph Neuner im Namen des Freundeskreis Pesthaus das Plenum und lud dabei erneut alle an der Medizingeschichte Interessierten zum Verein ein.

Die Referentinnen mit den Organisatoren.
V.l.n.r.: Univ.-Prof. Mag. Dr. Thomas Müller (Direktor Pädiatrie I), Univ.-Prof. Dr. Michaela Ralser, ao. Univ.-Prof. Dr. Elisabeth Dietrich-Daum, MMag. Ina Friedmann, HR Dr. Christoph Neuner (Obmann Freundeskreis Pesthaus) und Mag. Dr. Christian Lechner.

Frau Prof.in Ralser begann den Vortrag, indem sie die Anwesenden ausführlich in die Thematik einführte und den wissenschaftlichen Diskurs in der Heilpädagogik bzw. Kinder- und Jugendpsychiatrie ab der Mitte des 20. Jahrhunderts vorstellte. Nach dieser wichtigen fachlichen Einführung präsentierte Frau Prof.in Dietrich-Daum die Zahlen aus dem Forschungsprojekt und erklärte unter anderem, wie viele Kinder und Jugendliche in der Kinderbeobachtungsstation über den Zeitraum ihres mehr als 30-jährigen Bestehens von 1954 bis 1987 untergebracht waren und auf unterschiedliche Arten behandelt wurden. Den Schluss bildete Frau MMag.a Friedmann, welche anhand des an der Kinderbeobachtungsstation eingesetzten Medikamentes Epiphysan beispielhaft den aus heutiger Sicht schwer nachvollziehbaren, regelrecht inhumanen Umgang mit den Patientinnen und Patienten nachzeichnete. Dieses Medikament, gewonnen aus den Zirbeldrüsen junger Rinder, wurde unter anderem bei diagnostizierter „Hypersexualität“ eingesetzt.

Ina Friedmann am Beginn ihres Vortrages zum Medikament Epiphysan.

Nach diesen spannenden Vorträgen und einer anregenden Diskussion mit mehreren persönlichen Kommentaren ergab sich, dank Unterstützung der Hypo Tirol Bank, auch bei einem anschließenden Getränk noch die Gelegenheit zu weiteren Nachfragen und zur persönlicheren Diskussion.

Im Anschluss an den Vortrag folgte ein geselliges Beisammensein im Hörsaalfoyer.