Ausstellungsführung „Medizin in Vitrinen“ am 23.02.2016

Beinahe das gesamte Wintersemester 2015/16 hat uns die Medizinische Universität Innsbruck (Rektorin o. Univ.-Prof.in Dr.in Helga Fritsch) dankenswerterweise die Möglichkeit gegeben, unsere medizinhistorische Ausstellung in einem der modernsten Gebäude der Innsbrucker Universitäten einem interessierten und jungen Publikum zu präsentieren. Immerhin fast hundert Interessierte haben sich zur Eröffnungsveranstaltung im November 2015 eingefunden und wurden von Rektorin Fritsch und Vereinsobmann HR Dr. Christoph Neuner begrüßt. Bei einer anschließenden Führung durch die fünf Vitrinen, eingeteilt nach unterschiedlichen Disziplinen der Medizin, stellten die Ausstellungsorganisatoren Univ.-Prof. Dr. Edwin Knapp, Dr. Hannes Stofferin und Mag. Dr. Christian Lechner den Besuchern die einzelnen Objekte, insgesamt etwa hundert Stück, und deren Geschichten vor.

In der Zeit zwischen der Eröffnungsveranstaltung und dem Abbau der Vitrinen Ende Jänner 2016 wurden wiederholt Führungen veranstaltet, zu denen bemerkenswerterweise jeweils immer etwa dreißig Interessierte kamen und anschließend noch gemütlich in ein nahegelegenes Restaurant wechselten.

Dieses höchst erfreuliche Interesse an unserer Ausstellung ließ uns schon früh um einen nächsten Standort suchen, um nicht die spannenden Objekte wieder in das Sammlungsdepot bringen zu müssen. Ein großer Dank gebührt an dieser Stelle wiederum dem Stadtarchiv/Stadtmuseum Innsbruck (Direktor: DDr. Lukas Morscher), welches uns die notwendigen Vitrinen weiter dafür zur Verfügung stellt.

Der Wunsch auf einen Standort am Gelände der tirol kliniken wurde schließlich durch Geschäftsführer Mag. Stefan Deflorian ermöglicht, sodass wir am 29.01.2016 mit allen fünf Vitrinen in den Hörsaalfoyerbereich der Frauen-Kopf-Klinik umziehen konnten. Dort dürfen die Vitrinen zumindest bis Ende April 2016 stehen bleiben und sind damit wiederum mehrere Monate öffentlich für alle Interessierten zugänglich.

Das anhaltende Interesse hat uns motiviert, auch am neuen Standort nochmals eine Führung zu organisieren. Wiederum fanden sich etwa dreißig Vereinsmitglieder und Interessenten ein und wurden von Mag. Deflorian und HR Dr. Neuner begrüßt. Anschließend führten Univ.-Prof. Dr. Knapp, Dr. Stofferin und Mag. Dr. Lechner auf routinierte Weise durch die unterschiedlichen Objekte.

Über die Ausstellung selbst und die Führung am neuen Standort wird auch ein entsprechender Artikel im Hallo (Magazin der tirol kliniken) erscheinen.

Die Berliner Kinderheilkunde während des Nationalsozialismus

09.02.2016

Der Medizinhistoriker Univ.-Prof. Dr.phil. Thomas Beddies vom Institut für Geschichte der Medizin und Ethik in der Medizin der Charité Berlin gab Ende Jänner in Innsbruck Einblicke in die Pädiatriegeschichte der NS-Zeit. Im großen Hörsaal des Kinder- und Herz-Zentrums fanden sich über 100 Interessierte ein.

Zu dem Gastvortrag hatten die AbsolventInnenorganisation der Medizinischen Universität Innsbruck, ALUMN-I-MED und der medizinhistorische Verein Freundeskreis Pesthaus geladen. Der stellvertretende Vorsitzende von ALUMN-I-MED, ao.Univ.-Prof. Dr.med.univ. Christoph Brezinka, begrüßte die TeilnehmerInnen. Die Rektorin der Medizinischen Universität Innsbruck, o.Univ.-Prof.in Dr.in Helga Fritsch, betonte in ihrer Begrüßung die Notwendigkeit der historischen Aufarbeitung. „Der Blick zurück dient aber nicht nur dazu, sich bewusst zu machen, welche epochalen Fortschritte in der Medizin gemacht worden sind. Einen Blick zurück zu werfen bedeutet auch, sich mit dunklen Kapiteln zu beschäftigen“ so die Rektorin. Anschließend sprach Mag. Dr. Christian Lechner, Sammlungsbeauftragter des Freundeskreis Pesthaus, kurz über die lokale Pädiatriegeschichte, deren Desiderate und stellte den Referenten vor.

Der Direktor der Innsbrucker Univ.-Klinik für Kinder- und Jugendheilkunde, Univ.-Prof. Dr. Gerhard Gaedicke, hatte in seiner Zeit als Leiter der Pädiatrie an der Charité Berlin bereits mit Univ.-Prof. Beddies in der Historischen Kommission der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin zusammengearbeitet. Die Idee, den renommierten Medizinhistoriker Univ.-Prof. Beddies nach Innsbruck einzuladen, war im Rahmen der gemeinsamen Vorbereitung für das in diesem Wintersemester wieder angebotene medizinhistorische Wahlfach von Univ.-Prof. Dr. Gaedicke, Dr. Hannes Stofferin und Mag. Dr. Lechner entstanden.

Univ.-Prof. Beddies schilderte in seinem Vortrag die prominentesten Personen der Berliner Pädiatrie während der NS-Zeit und ihre Aktivitäten, die exemplarisch für die Greueltaten, die natürlich in weiten Teilen Deutschlands und auch in Österreich unter dem Deckmantel des Regimes passierten, dargestellt wurden. Unter anderem erfuhren die Anwesenden von Georg Bessau, Direktor der Pädiatrie der Charité, und dessen Experimenten an Kindern mit geistigen und zum Teil auch körperlichen Behinderungen. Bessau hoffte, einen Impfstoff gegen die Tuberkulose zu finden und führte dazu unterschiedliche Versuchsreihen an diesen Kindern durch. Die entsprechenden Quellenzitate und Originalfotografien erzeugten große Betroffenheit unter den ZuhörerInnen, insbesondere angesichts der unvorstellbar teilnahmslosen Berichte von Bessau und den behandelnden Ärzten über die Impfversuche und deren dramatische Folgen für die betroffenen Kindern. In der anschließenden, regen Diskussion wurden verschiedenste Aspekte angesprochen.

Im Anschluss an die Veranstaltung lud ALUMN-I-MED zum Vinum Academicum.

(Ch. Lechner, Redaktion)

Weitere Informationen:

Prof. Dr. Thomas Beddies – Charité

http://medizingeschichte.charite.de/institut/mitarbeiterinnen/pd_dr_thomas_beddies/

ALUMN-I-MED: https://www.i-med.ac.at/alumn-i-med/

Verein Freundeskreis Pesthaus: http://www.pesthaus.at/

Weitere Informationen:

u.a. Thomas Beddies, Wenn Kinder „der Wissenschaft dienen“: Die Kinderklinik der Charité in der Zeit des Nationalsozialismus, in: Sabine Schleiermacher/Udo Schagen (Hg.), Die Charité im Dritten Reich, Berlin Paderborn 2008, S. 121-132.